Schule kann nicht alles – Verantwortung muss geteilt werden
Schule allein kann diese Entwicklungen nicht auffangen. Es ist weder realistisch noch verantwortbar, dass Bildungseinrichtungen alle gesellschaftlichen Aufgaben übernehmen – schon gar nicht ohne zusätzliche Ressourcen. Gleichzeitig dürfen Schule und Elternhaus nicht gegeneinander arbeiten. Sie müssen gemeinsam Verantwortung übernehmen.
Genau an diesem Punkt setzt in Nürnberg eine besondere Initiative an: „Nachhaltig Bildung gestalten – Nbg“. Hier engagieren sich Lehrkräfte aus allen Bereichen des Schullebens – darunter Klassen- und Fachlehrkräfte, Beratungslehrkräfte, Schulleitungen und Seminarleitungen – gemeinsam mit der staatlichen Schulaufsicht und Eltern. Alle Beteiligten bringen sich ehrenamtlich ein, um im offenen Austausch tragfähige Konzepte zu entwickeln, Standards zu klären und Perspektiven zu schaffen. Ziel ist ein realistischer, gemeinsam getragener Bildungsauftrag – auf Basis von gegenseitigem Respekt, Vertrauen und klaren Erwartungen.
In regelmäßigen Dialogforen diskutieren wir zentrale Fragen: Was erwarten wir von unseren Schulen – und was können sie leisten? Welche Werte und Verhaltensstandards gelten als verbindlich? Wie können Eltern und Lehrkräfte auf Augenhöhe kooperieren, um Kinder bestmöglich zu unterstützen?
Regeln sind kein Selbstzweck – sie sichern unsere Gemeinschaft
Ein zentrales Thema dieser Gespräche ist die Bedeutung von Regeln. Gerade heute, wo Autorität hinterfragt und Grenzen zunehmend unscharf wahrgenommen werden, ist es entscheidend, dass Kinder und Jugendliche Regeln als etwas Sinnstiftendes erleben.
Man stelle sich vor, der Straßenverkehr wäre ohne Regeln organisiert: Jeder fährt, wo und wie er will. Es gäbe keine Vorfahrtsregeln, keine Geschwindigkeitsbegrenzungen, keine Ampeln. Das Ergebnis wäre Chaos – mit schwerwiegenden Folgen für die Sicherheit und das Zusammenleben.
Die Schule ist in dieser Hinsicht nichts anderes als ein gesellschaftlicher Mikrokosmos. Auch hier treffen Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen, Werten und Bedürfnissen aufeinander. Ohne klare Regeln wird Lernen unmöglich. Nur wer erfährt, dass Grenzen gelten und Regelverstöße Folgen haben, kann lernen, Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen.
Regeln sichern Freiheit, nicht Einschränkung. Sie schaffen Verlässlichkeit, Gerechtigkeit und Orientierung. Kinder müssen lernen, dass Freiheit nur dort bestehen kann, wo auch Rücksicht geübt und Verantwortung übernommen wird – und das beginnt im Klassenzimmer.
Schulen brauchen Rückhalt – nicht Appelle
Wenn wir wollen, dass der Lehrerberuf attraktiv bleibt, dass unsere jungen Kolleg:innen nicht vorzeitig aussteigen und dass die Schulen auch künftig ein Ort von Bildung und sozialem Lernen sind, dann brauchen Schulen Rückhalt – durch konkrete Unterstützung, nicht durch Appelle.
Dazu gehören:
- ausreichend Personal in allen pädagogischen Bereichen,
- verlässliche Unterstützungsstrukturen, etwa durch Schulsozialarbeit, Schulpsychologie und Multiprofessionelle Teams,
- Entlastung der Lehrkräfte, sodass Beratungszeiten nicht durch Vertretungen oder Verwaltungstätigkeit aufgefressen werden,
- und ein gesamtgesellschaftliches Bekenntnis zu gemeinsamen Regeln, die das Miteinander – in der Schule wie in der Gesellschaft – tragen.
Fazit: Nur gemeinsam geht es weiter
Das Schulbarometer 2025 bestätigt, was viele Lehrkräfte seit Jahren erleben: Die Belastung ist hoch, der Handlungsdruck enorm. Aber Schuldzuweisungen helfen nicht weiter. Wir müssen Schule als gemeinschaftliche Aufgabe verstehen – von Lehrkräften, Eltern, Verwaltung und Politik. Und wir müssen anerkennen: Ohne strukturelle Unterstützung werden Schulen ihrem Auftrag nicht gerecht werden können.
Schule ist kein Reparaturbetrieb für alle gesellschaftlichen Missstände. Aber sie kann ein Ort sein, an dem Kinder lernen, Verantwortung zu übernehmen – für sich und für andere. Damit das gelingt, braucht sie unsere Unterstützung. Jetzt.