Kurz vor den Sommerferien kam mal wieder ein Prospekt eines Versandhandels für Lehrkräftebedarf ins Haus. Gleich auf der Umschlagseite angepriesen: ein mobiler Sichtschutz – ab 120 Stück für 1,95 pro Exemplar. „Minimiert Ablenkung und ermöglicht den Schülerinnen und Schülern, ihre optimale Leistung zu erbringen“, dichtet der Hersteller auf seiner Webseite. Assoziiert wird die „Spickbremse“ allerdings gemeinhin weniger mit optimaler Leistung als mit adrenalinsatter Angst. Die Pappaufsteller stehen Pate für etwas, das wir längst überwunden haben sollten: eine weitgehend antiquierte Prüfungskultur in unseren Schulen.
In ihrem Essay erläutert Prof. Silvia-Iris Beutel, weshalb Noten aus wissenschaftlicher Perspektive kritisch zu betrachten sind und welche Chancen sich durch alternative Wege der Leistungsbeurteilungen ergeben, die mehr dem Lernfortschritt dienen als der Selektion (S. 24). Schulreferent Björn Nölte berichtet von konkreten Erfahrungen mit einer solchen zeitgemäßen Prüfungskultur in anderen Ländern und den Chancen durch den Einsatz Künstlicher Intelligenz (S. 34). Über ihren kreativen Umgang mit Noten in Bayern – im Einklang mit den interpretationsfähigen gesetzlichen Regelungen – erzählt Rektorin Dorothee Haußmann aus Bubenreuth (S. 38). Die Themenstrecke mit dem abschließenden Leitartikel von Antje Radetzky kann uns Zuversicht schenken: Es geht auch ohne Spickbremse. Sogar besser.