Vermehrt adressiert die AfD in schriftlichen Anfragen an den bayerischen Landtag die Institution Schule – immer nach demselben Muster, wie es der BR in einem aktuellen Beitrag beschreibt. Dabei wird den Lehrkräften unter anderem vorgeworfen, sie wären politisch nicht „neutral“. Dass politische Bildung aber keineswegs einem „Neutralitätsgebot“ unterliegt, sondern klaren demokratischen Werten, hat BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann in einem Interview mit dem ARD-Magazin Kontraste deutlich klargestellt.
AfD-Kampagne zu Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund
Der BR berichtet zuletzt über eine Anfrage vom September 2025, in der die AfD den Anteil der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund an bayerischen Schulen erfragte. Darin gab die Partei an, dass in über 1.000 Schulklassen im Freistaat 100 Prozent der Kinder einen Migrationshintergrund hätten. Die AfD verwendet damit bewusst den Begriff „Migrationshintergrund“, um ein bestimmtes Bild zu zeichnen. Zwar gibt es in Bayern mehr als 1.000 Schulklassen, in denen für keinen der Schülerinnen und Schüler die Muttersprache Deutsch ist, allerdings sind darunter allein 773 Deutschklassen für nicht-deutschsprachige Kinder. Der Anteil bei insgesamt knapp 60.000 Schulklassen ist zudem gering.
Lehrkräfte unter Druck
BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann bewertet die Auswirkungen solcher Kampagnen mit Blick auf Schulen und Lehrkräfte kritisch: „Wir Lehrerinnen und Lehrer fühlen uns unter Druck gesetzt. Wir hören von diesen Anträgen im Bildungsausschuss. Wir hören ja auch, wie in den sozialen Netzwerken immer auch Stimmung gemacht wird gegen Lehrerinnen und Lehrer.“
Gegenüber dem BR sagt sie, dass sie nichts von einer Kategorisierung der Schülerinnen und Schüler in "mit" und "ohne" Migrationshintergrund halte. „Jedes Kind, das in unsere Schulen geht, ist erstmal ein Kind, das da ist. Und wir müssen uns um die Integration kümmern“, so Fleischmann.
Umgang mit dem Begriff „Migrationshintergrund“ erfordert Sensibilität
Unter Expertinnen und Experten wird die oft verwendete Kategorisierung in Menschen mit und ohne Migrationshintergrund, deren Bedeutung und wer darunter fällt, schon seit längerem kritisch betrachtet, erläutert der BR. Laut Statistischem Bundesamt hat eine Person einen Migrationshintergrund, wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil nicht mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren wurde. Für die Beschreibung der Kenntnisse und Bedürfnisse von Schülerinnen und Schülern mit ausländischen Wurzeln sei diese „Unterteilung“ aber eher ungeeignet. Die Kultusministerkonferenz dagegen spricht bei Schüler:innen von einem Migrationshintergrund, wenn mindestens eines der folgenden drei Merkmale vorliegt: keine deutsche Staatsangehörigkeit, nicht in Deutschland geboren, oder wenn im häuslichen Umfeld nicht Deutsch gesprochen wird.
Simone Fleischmann: „Wären wir eine integrative Gesellschaft und wäre jeder Mensch gleich viel wert in unserer Gesellschaft, dann bräuchten wir solche Begrifflichkeiten wie den Migrationshintergrund nicht. Wir brauchen aber natürlich schon einen Blick auf das einzelne Kind in der Schule, um auch individuelle Fördermaßnahmen abzuleiten.“ Schulleiterinnen und Schulleiter wüssten genau, was ein Migrationshintergrund bedeute und welche Kriterien dabei zu berücksichtigen sind. „Deswegen ist dieses Thema Migrationshintergrund für uns klar definiert, aber nicht in der breiten Gesellschaft und schon gleich gar nicht in den sozialen Netzwerken. Das heißt, wir müssen sehr sensibel mit dem Begriff Migrationshintergrund umgehen.“
Das Ziel: Integration und allen Kindern bestmöglich die deutsche Sprache beibringen
Als Voraussetzung für eine gelungene Integration sind laut der BLLV-Präsidentin vor allem die Sprache und die dafür nötigen Ressourcen im Bildungssystem entscheidend. „Wir brauchen alle den Blick darauf, dass Kinder, die hier zur Schule gehen, Deutschkenntnisse brauchen, um gut integriert zu werden. Niemand leugnet, dass die deutsche Sprache im deutschen Schulsystem zentral ist. Deswegen müssen wir alle miteinander den Fokus darauf legen, dass alle Kinder bestmöglich Deutsch lernen. Das ist der Schlüssel zum Bildungserfolg in Deutschland und natürlich auch in Bayern.“
In diesem Zusammenhang betont sie aber auch, wie wichtig es sei, Vielfalt und eine integrative Gesellschaft in der Schule abzubilden: „Die Gesellschaft ist vielfältig. Die Gesellschaft ist – ich traue es mir sagen – bunt. Die Jugendlichen wollen das auch. Und wir erziehen und bilden Jugendliche für eine Gesellschaft von morgen. Das heißt, wir können nicht rückwärtsgerichtet agieren, sondern wir müssen vorwärtsgerichtet agieren. Wir müssen schauen, dass wir in einer globalen Welt leben.“ Dazu gehöre unter anderem auch die kulturelle und religiöse Integration, beispielsweise durch das Angebot von Islamunterricht.