Leistung im 21. Jahrhundert

Beschluss der 54. Landesdelegiertenversammlung des BLLV 2019

Die gesellschaftlichen Veränderungen und die steigende Heterogenität in den Schulen verlangen nach einem neuen, zeitgemäßen Verständnis von Leistung. Dass alle zur gleichen Zeit dasselbe leisten sollen bedeutet, dass individuelle Bedürfnisse außer Acht gelassen werden. Wir brauchen eine Schule, in der alle Kinder etwas leisten können und dürfen! Wir wollen, dass allen Schüler*innen Lernchancen eröffnet werden. Um jedes Kind ganzheitlich zu fördern, braucht es eine individuelle, prozesshafte Sicht auf die Entwicklung, den Lernfortschritt und die unterschiedlichen Lerngeschwindigkeiten der Schülerinnen und Schüler. Dem BLLV ist es wichtig, dass ein den einzelnen Schüler und die einzelne Schülerin ins Zentrum rückendes, pädagogisches Leistungsverständnis an unseren Schulen etabliert wird. Ein Leistungsbegriff, der auf einem realistischen Selbstbild basiert und die Erfahrung von Selbstwirksamkeit zulässt, so dass Lernfreude entwickelt und gefördert werden kann.

Der BLLV fordert daher die Umsetzung von folgenden Aspekten:

1. Ein verändertes Verständnis von Leistung in der Schule

  • Schule soll ein Ort der Wertschätzung und des gegenseitigen Vertrauens sein. Das heißt auch, dass alle Akteure (Schüler, Eltern, Lehrkräfte) in den Lernprozess des Kindes einbezogen werden, indem z.B. gemeinsame Ziele formuliert werden. Es müssen Möglichkeiten geschaffen werden, die Selbsteinschätzung mit der Fremdeinschätzung abzugleichen.
  • Für Lehrerinnen und Lehrer müssen zeitliche Räume geschaffen werden, um den Kindern und Jugendlichen sowie deren Eltern Möglichkeiten zum gegenseitigen Austausch über individuelle Lernfortschritte einzuräumen.

2. Ein verändertes Verständnis von Leistung im Unterricht

  • Lernen ist als ein Prozess aufzufassen. Leistung ist dabei als ein Faktor von individuellem Fortschritt zu sehen. Im Zentrum steht das Prinzip der Förderung! Lerncoaching und Lernberatung sind dabei Handlungsparadigmen einer professionellen Lernentwicklungsbegleitung.
  • Die Etablierung der unterrichtlichen Diagnostik, auch in der Lehrerbildung, ist die Voraussetzung dafür, dass Lehrkräfte in der Lage sind, individuelles Lernen zu analysieren, zu begleiten und Lernerfolg zu planen.
  • Wenn Lernen als eine Funktion von selbst erbrachter Leistung betrachtet wird, ermöglicht dies den Schülerinnen und Schülern, Leistungszuversicht aus sich heraus zu entwickeln. Eine große
  • Chance für Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte ist hierbei, Fehler riskieren zu dürfen um aus ihnen lernen zu können. Hierzu bedarf es einer vertrauensvollen Lernkultur.
  • Schülerinnen und Schüler brauchen Feedback über ihren individuellen Lernfortschritt und ihre Entwicklung. Lernfortschrittsrückmeldungen sind für die Lernenden und Lehrkräfte gewinnbringend, wenn sie kontinuierlich, konkret und konstruktiv sind:
    • Feed up: Wohin soll es gehen, was ist das langfristige Ziel?
    • Feed back: Wo steht der Schüler momentan und wie kam er dorthin?
    • Feed forward: Welche nächsten Schritte gilt es zu tun?
  • Lernphasen und benotete Bewertungsphasen sind transparent zu gestalten, wobei nicht auf jede Lernphase eine Bewertung folgen muss.
  • Kinder und Jugendliche brauchen Zeit, um sich entwickeln zu können, denn Lernen bedeutet kontinuierliche Weiterentwicklung. Hierbei müssen die Beurteilungskriterien für die Schülerinnen und Schüler ersichtlich sein.
  • Die Möglichkeiten, alternative Leistungsrückmeldungen einzusetzen, müssen verbessert werden. Ein auf Kompetenzorientierung basierendes Lernverständnis erfordert eine individuelle und prozessorientierte Leistungsbeurteilung.
  • Der Zeitpunkt benotender Leistungsbewertung sollte weitestgehend individuell festgelegt werden können.