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BLLV kritisiert früheren Beginn der Wirtschaftsschule

Auf scharfe Kritik stößt beim Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) die Entscheidung der bayerischen Staatsregierung, die Wirtschaftsschule künftig mit der sechsten Jahrgangsstufe beginnen zu lassen. „Die bayerische Staatsregierung betont immer wieder, wie erfolgreich die Mittelschule ist. Doch mit der Entscheidung für einen früheren Beginn der Wirtschaftsschule fügt sie selbst der Mittelschule erheblichen Schaden zu und beschleunigt das Schulsterben“, kritisiert BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann. Sie kündigte entschiedenen Widerstand des Verbandes gegen diese aus ihrer Sicht „eklatante Fehlentscheidung“ an.

Die Staatsregierung versichere in der Öffentlichkeit immer wieder, sie wolle die Mittelschulen und ihre Verbünde stärken, um sie als echte Alternative zu anderen, weiterführenden Schulen weiterzuentwickeln. Die Vorverlegung des Übertritts auf die Wirtschaftsschule schwäche jedoch alle umliegenden Mittelschulen und deren Schulverbünde, da dieses neue Angebot eine weitere Konkurrenz zur Mittelschule darstelle.

Auch der Notendruck nehme dadurch weiter zu, obwohl Minister Piazolo erst vergangene Woche in der Sendung „Jetzt red i“ im BR angekündigt habe, diesen in Zukunft kritisch analysieren zu wollen.

Reine Lippenbekenntnisse

Für Fleischmann entpuppen sich all die öffentlichen Beteuerungen als hohle Lippenbekenntnisse. Sie fragt: „Was sind die hehren Schwüre zum Erhalt der Mittelschule eigentlich wert, wenn sie durch solche Entscheidungen konterkariert werden?“

Besonders dreist sei es aus Sicht des BLLV, dass die Aufnahmebedingungen für Schülerinnen und Schüler für den Besuch der 6. Klasse der Wirtschaftsschule in der Hand der jeweiligen Schule selbst liegen. „Dies bedeutet auch noch eine unzulässige Privilegierung der Wirtschaftsschulen im Vergleich zu den anderen Schularten und zeigt, wie schnell scheinbar fixe Übertrittsschnitte über Bord geworfen werden können“, stellt Fleischmann fest.

Einseitige Bevorzugung

Für den BLLV drängt sich der Verdacht auf, dass hier die Träger der häufig privaten und daher gebührenpflichtigen Wirtschaftsschulen einseitig bevorzugt werden sollen. Da Wirtschaftsschulen für die Eltern meist mit erheblichen Kosten verbunden seien, würden auch sie die soziale Ungleichheit verschärfen. Schon als Oppositionsabgeordneter habe Piazolo beklagt, dass die Wirtschaftsschule mit Problemen zu kämpfen habe.

Fleischmann: „Wer als zuständiger Minister die Konkurrenz zwischen den Schularten anheizt, trägt nicht zur Stabilisierung des differenzierten Schulsystems bei, er gefährdet vielmehr dessen Zukunft. Aus BLLV-Sicht stellt sich die Frage: Was will man eigentlich? Das staatliche Schulsystem mit seiner Durchlässigkeit stärken oder einer bestimmten Schulart das Wasser abgraben?“

Mit besonderer Verwunderung registriert der BLLV, dass der Minister diesen Schritt mit der Stärkung der beruflichen Bildung begründet. Schließlich sei die Berufsorientierung gerade das zentrale Profil der Mittelschulen. Wer heute die Mittelschule erfolgreich abschließe, habe hervorragende Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Der Fachkräftemangel in Industrie und Handwerk sei auch deshalb so massiv geworden, weil es immer weniger Praktiker und zu viele Theoretiker auf dem Arbeitsmarkt gebe. Gerade der Mittelstand und das produzierenden Gewerbe seien aber das das Rückgrat der bayerischen Wirtschaft.