Der Brandbrief des BLLV im März hat der Öffentlichkeit und dem Dienstherrn klar gemacht: Die Belastungsgrenzen von uns Lehrerinnen und Lehrern sind überschritten. Es geht jedoch um mehr als um die Zumutungen in der Corona-Krise. Es geht um jahrzehntelange Versäumnisse der Schul- und Bildungspolitik. Deshalb war der Brandbrief mit dem Motto „Jetzt reicht’s!“ an den derzeitigen Hauptverantwortlichen in der Politik gerichtet. Drei Dinge haben wir gefordert:
- Impfangebot für alle Lehrerinnen und Lehrer aller Schularten bis zum Schulbeginn nach Ostern – sonst nur Distanzunterricht.
- Testungen der Schülerinnen und Schüler durch Experten oder im Elternhaus – und nicht durch uns.
- Freiwilliges Förderjahr und – in diesem chaotischen Schuljahr – Freigabe des Elternwillens statt Übertrittszeugnissen.
Wir können leise, wir können aber auch laut
Mit unserem Alarmruf lagen wir genau richtig: Wenn der Dialog nichts mehr bringt, dann braucht es andere politische Formate. Jetzt. Wir können leise, wir können aber auch laut. Und wir rufen: Die Belastungsgrenzen sind überschritten. Wir geben alles und noch viel mehr, selbstverständlich. Doch die Realität schönreden, Lobeshymnen, Durchhalteparolen – das nehmen wir nicht mehr hin.
Die Ängste sind groß, die Wut auf die Staatsregierung ist immens. Unsere Wut hat jedoch noch ganz andere Ursachen als die Probleme im Zusammenhang mit Corona. Wir stecken in einer personellen Krise. Mal wieder. Jetzt macht sich der Lehrermangel verschärft bemerkbar, vor allem an den Grund-, Mittel- und Förderschulen. Nicht erst seit einem Jahr herrscht eine verfehlte Personalpolitik vor. Seit Jahrzehnten versäumen verantwortliche Personen in der Bildungspolitik, die Weichen richtig zu stellen.
Deshalb ein Brandbrief
In der Pandemie zeigen sich sämtliche Baustellen des bayerischen Schulsystems wie im Brennglas. Dieses Glas lässt vieles überdeutlich sehen. Dieses Glas setzt aber auch in Brand, was schon lange schwelt. Deshalb ein Brandbrief. Viele Kinder und Jugendliche gehen verloren. Die Heterogenität der Ansprüche wächst. Die Bildungsungerechtigkeit steigt. Die Not an den Schulen ist groß. Die überbordenden Belastungen der Kolleginnen und Kollegen zwingen viele in die Knie. Auch viele Eltern.
Unser Brandbrief hat wachgerüttelt. Wir haben stets auf den Dialog gesetzt und sind selbstverständlich nach wie vor offen dafür. Doch jetzt haben wir dem Ministerpräsidenten offen gesagt, was gesagt werden muss.
Die teils harschen Reaktionen auf unseren Brandbrief haben mich umgetrieben, natürlich. Aber Gegenwind halten wir aus. Wir geben alles, damit die Kinder und Jugendlichen bekommen, was sie brauchen. Wir geben alles, damit dieser Staat funktioniert. Wir wollen keine Privilegien. Wir wollen, dass man unsere Sorgen und Ängste anerkennt und akzeptiert. Wir bestehen darauf, fair behandelt zu werden und mahnen die Fürsorgepflicht unseres Dienstherrn an. Jetzt. Und wir sind stark an Ihrer Seite, der Seite der Lehrerinnen und Lehrer im BLLV. Auch jetzt. // Simone Fleischmann