Fehlende Abfrage von Vorerkrankungen
In diesem Zusammenhang gab es im Internet und auch in Anfragen an den BLLV besorgte Äußerungen, ob man denn überhaupt noch auf Klassenfahrt gehen könne. Die Antwort lautet: Ja, kann man!
Denn der tragische Fall von Emily ist eine Ausnahme, dabei wurden von den beiden begleitenden Lehrerinnen eine Reihe gravierender Fehler begangen. Insbesondere wurden die beiden nach Zeugenaussagen mehrfach von Mitschülerinnen auf Emilys sich verschlechternden Gesundheitszustand hingewiesen. Das Mädchen war zuckerkrank, hatte aber die Blutzuckermessung und die Gabe von Insulin vernachlässigt.
Von der Erkrankung wussten aber die beiden Lehrerinnen nichts, da sie es unterlassen hatten, Vorerkrankungen bei den Eltern der teilnehmenden Schülerinnen und Schüler abzufragen. Scheinbar bestand zu dieser Abfrage in NRW keine Verpflichtung.
In Bayern sieht es anders aus: Hier besagt Punkt 3.8 der sog. „Fahrten-KMBek“: “Die Erziehungsberechtigten sollen aufgefordert werden, eine begleitende Lehrkraft zu informieren, wenn ihr Kind regelmäßig Medikamente einnehmen muss, auf bestimmte Reize allergische Reaktionen zeigt, in seiner Gesundheit und Leistungsfähigkeit so eingeschränkt ist, dass darauf besondere Rücksicht genommen werden muss, oder sonstige medizinisch notwendige Maßnahmen zu ergreifen sind.« (Durchführungshinweise zu Schülerfahrten, Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 9. Juli 2010, Az. II.1-5 S 4432-6.61 208; KWMBl. S. 204)
Diese Abfrage sollte unbedingt schriftlich erfolgen, damit man im Notfall auch Ärzte darüber informieren und etwas an die Hand geben kann.
Sorgfalt wird erwartet
Und selbstverständlich wird von den Kolleginnen und Kollegen erwartet, dass sie nachsehen, wenn es einem Kind schlecht geht, es sich ständig erbricht und ohnmächtig wird. Wären die beiden Lehrerinnen den ersten Hinweisen nachgegangen und hätten Emily in ein Krankenhaus bringen lassen, so wäre - so die Einschätzung eines Gutachtens - ihr Leben noch zu retten gewesen. Hier wurden also einfachste Sorgfalts- und Fürsorgepflichten grob vernachlässigt.
Einen Begründung, auf eine Klassenfahrt zu verzichten, sollte man aus Emilys tragischem Schicksal nicht konstruieren.
<< Andreas Rewitzer, Leiter der Rechtsabteilung im BLLV
Was aus dem Fall Emily folgt
Startseite
Tod auf der Klassenfahrt
Große Bestürzung und Betroffenheit löste der Tod der 13-jährigen Emily aus NRW aus, die 2019 während einer Klassenfahrt nach London verstorben war. Mitte Februar 2024 verur-teilte nun das zuständige Landgericht Mönchengladbach die beiden Lehrerinnen wegen fahrlässiger Tötung zu Geldbußen von 7.200 bzw. 23.400 €.