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Rechtskolumne Service

Wer den Schaden hat

Wie schnell gleitet einem ein Laptop aus der Hand und geht in Stücke? So etwas kommt vor. Wer aber haftet für einen derartigen Schaden, wenn es sich um ein Dienstgerät handelt? Eine Lehrkraft, der dies widerfuhr, fand sich unversehens im Dschungel widersprüchlich scheinender Paragrafen. Die Rechtsabteilung des BLLV wusste Rat und verwies auf die sogenannte Amtshaftung.

Der Fall

Die Lehrkraft wollte nur kurz vom Klassenzimmer ins Lehrerzimmer nebenan und ließ den Laptop aufgeklappt. Beim Eintreten glitt ihr das Gerät aus der Hand, der Bildschirm zersprang. Da war offensichtlich nichts mehr zu machen. Sofort informierte die Lehrkraft ihre Schulleitung und den Sachaufwandsträger über den Schaden. Denn der tragbare Computer war nicht ihr eigener: Der Sachaufwandsträger hatte jedem Mitglied des Kollegiums einen Dienst-Laptop zur Verfügung gestellt.

Der Verlauf

Nachdem unser Mitglied den Schaden dem Sachaufwandsträger mit der Bitte um Ersatz gemeldet hatte, teilte dieser mit, die Lehrkraft müsse für den Schaden selbst aufkommen, und verwies sie auf eine möglicherweise bestehende Haftpflichtversicherung. Nach dieser Auskunft des Sachaufwandsträgers stellte die Lehrkraft einen Antrag auf Sachschadenersatz gem. Art. 98 Abs. 2 BayBG beim Landesamt für Finanzen. Auch dieser Antrag wurde abgelehnt. Begründung: Es handle sich um einen Gegenstand der Dienststelle, somit sei die Schadenregulierung mit der Dienststelle abzuklären.  Es machte aber unser Mitglied darauf aufmerksam, dass ihrerseits keine Schadensersatzpflicht gegenüber Dritten bestünde.

Die Lehrkraft war über diese Reaktion erstaunt. Sie empfand es als ungerecht, für die Beschädigung des Dienstlaptops aufkommen zu müssen. Schließlich hatte sie das Gerät im Dienst benutzt. Und kann ein derartiges Missgeschick nicht jedem passieren? Obendrein war sie irritiert: Zwar las sie zu ihrer Erleichterung in dem Ablehnungsschreiben des Landesamtes für Finanzen, sie sei nicht schadensersatzpflichtig, andererseits wurde ihr mitgeteilt, dass der Freistaat keinen Schadensersatz leiste. Wie jetzt? In dieser undurchsichtigen Situation holte sich unser Mitglied Rat in der Rechtsabteilung.

Die Rechtslage

Wenn ein Beamter (oder Angestellter und sonstiger Bediensteter auf dem Gebiet der hoheitlichen Verwaltung) im dienstlichen Zusammenhang Schäden gegenüber Dritten verursacht, greift die sogenannte Amtshaftung gemäß § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG. Das bedeutet für das Mitglied in unserem Fall: Die Lehrkraft haftet für das defekte Dienstgerät nicht selbst, sondern die Haftung geht auf den Dienstherren über, hier auf den Freistaat Bayern.

Der wiederum kann jedoch bei einer Beschädigung, die auf grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz zurückzuführen ist, Regress nehmen. Grobe Fahrlässigkeit liegt dann vor, wenn Beamte bei der Beschädigung sämtliche Sorgfaltspflichten außer Acht lassen. Das aber war hier eindeutig nicht der Fall. Eine Unachtsamkeit wie diese bewegt sich im Rahmen der einfachen Fahrlässigkeit. Die Lehrkraft musste deshalb keine Regressforderung des Dienstherrn befürchten. Und die Schadensersatzforderung seitens des Sachaufwandsträgers war eindeutig unrechtmäßig.

Die Besonderheit

Bei Beschädigungen durch eine Lehrkraft oder sonstige Bedienstete des Staates/Landes an Sachen, die im Eigentum des Sachaufwandsträgers stehen, gibt es jedoch eine Besonderheit: In dem Urteil vom 7. Mai 1974 (Az III ZR 47/71) hat der Bundesgerichtshof entschieden: Der Sachaufwandsträger, der Eigentümer eines Dienstgegenstandes ist, kann keinen Schadensersatz von dem Dienstherren der Lehrkraft, also dem Freistaat Bayern, verlangen, wenn eine Lehrkraft im Rahmen ihrer Lehrtätigkeit durch nachlässiges Verhalten einen Schaden am Eigentum des Sachaufwandsträgers herbeigeführt hat. Denn: Der geschädigte Sachaufwandsträger gehört nicht zum Kreis der „Dritten“, was bei der Amtshaftung Voraussetzung ist.

Begründet wird dies so: Die Erledigung der Dienstgeschäfte, bei der die Amtspflichtverletzung erfolgt ist, dient der Erfüllung einer gemeinsamen Aufgabe des Dienstherren des Beamten und der von der Pflichtverletzung betroffenen Körperschaft (beide erfüllen nämlich den Bildungsauftrag), sie wirken somit als „gleichsinnig“ zusammen und verfolgen nicht widerstreitende Interessen. Deshalb ist bei Schäden, die staatliche Lehrkräfte am Eigentum des Sachaufwandsträgers verursachen, der Dienstherr der Lehrkraft von der Haftung frei (so auch OLG Köln v. 14.12.1989 Az.: 7 U 116/89).

Die Lösung

Auf der Basis dieser Rechtslage riet die Rechtsabteilung des BLLV unserem Mitglied: Übergeben Sie das Formular „Haftpflicht-Schadenanzeige für staatliche Schulen“ unverzüglich der Schulleitung und legen Sie das Schreiben des Sachaufwandsträgers bei, mit welchem dieser eine Schadensersatzforderung gegen sie geltend macht. Dieses Schreiben kann dann über den Dienstweg an die Regierung weitergeleitet werden. Die Schulleitung hätte die Schadensersatzforderung des Sachaufwandsträgers aber sowieso gem. § 35 LDO über den Dienstweg an die Regierung weiterleiten müssen.

Da das Dienstgerät nicht mehr zu reparieren war, stellte der Sachaufwandsträger der Lehrkraft ein neues zur Verfügung. Sie musste nicht selbst für den Schaden aufkommen. Dennoch ist der Vollständigkeit halber anzumerken: Das ablehnende Schreiben des Landesamtes für Finanzen war durchaus rechtmäßig. Schließlich stand das Dienstgerät nicht im Eigentum unseres Mitglieds, weshalb der Lehrkraft kein Schadensersatzanspruch gegen den Dienstherren zustand.

Fazit

Missgeschicke im Dienst lassen sich nicht immer vermeiden. In solchen Fällen ist es gut zu wissen, wie man zu handeln hat. Bei Sachbeschädigungen, die Lehrkräfte oder sonstige Bedienstete im Rahmen ihrer Tätigkeit verursachen, greift immer die Amtshaftung gem. § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG. Das bedeutet, Beamte oder Bedienstete der Schule haften nicht persönlich für den eingetretenen Schaden, die Haftung geht auf den Staat über. Die Besonderheit: Steht die beschädigte Sache im Eigentum des Sachaufwandsträgers, kann dieser gegenüber dem Freistaat Bayern keinen Schadensersatzanspruch für die Beschädigungen geltend machen.

Lehrkräften und sonstigen Bediensteten, die aufgrund eines fahrlässigen Verhaltens eine Beschädigung am Eigentum des Sachaufwandsträgers verursacht haben, sollten in solchen Fällen sofort die Schulleitung informieren, die insbesondere bei größeren Schäden, wie bei Beschädigungen am Gebäude, unverzüglich die vorgesetzte Behörde und den Sachaufwandsträger darüber zu informieren hat (§ 35 LDO). Zudem sollten Sie das Formular „Haftpflicht-Schadenanzeige für staatliche Schulen“ ausgefüllt nebst den entsprechenden Unterlagen der Schulleitung übergeben. Diese leitet sie dann über den Dienstweg an die zuständige Behörde weiter.

Die Rechtskolumne erschien in der bayerischen schule #4/2023.