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Offener Brief des BLLV an den Ministerpräsidenten Startseite Topmeldung
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Sparen am falschen Ende – Medienbildung ist Zukunftsbildung!

Der BLLV wendet sich in einem offenen Brief an den Bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Markus Söder zur Zukunft der Medienbildung in Bayern, nach Bekanntwerden der aktuellen Pläne der Staatsregierung.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
sehr geehrter Herr Dr. Söder,

der BLLV begrüßt es sehr, dass sich die Bayerische Staatsregierung und Sie ganz persönlich für viele wichtige Aspekte der bayerischen Bildungspolitik einsetzen, auch in Sachen Digitalisierung.

Ebenfalls ist es für uns nachvollziehbar, dass Sie die Kinder und Jugendlichen in Bayern vor so manchen negativen Folgen der Digitalisierung schützen wollen. Es ist unbestritten, dass übermäßiger und unkritischer Medienkonsum unbedingt verhindert werden muss.

Nur über die Wahl der Mittel stimmen wir als BLLV mit Ihnen nicht überein.

Sie sprachen auf der Pressekonferenz nach der Ministerratsklausur in St. Quirin davon, dass es mobile Endgeräte zukünftig erst ab der 8. Klasse geben solle. Vorher sollten Lesen, Rechnen und die eigene Handschrift im Vordergrund stehen: „Das heißt auch, die klassischen Bildungsideale bleiben in Bayern.“

Das eine schließt das andere doch überhaupt nicht aus!
Eine moderne, zukunftsfähige Bildung der Schülerinnen und Schüler muss aus unserer Sicht doch erst recht eine professionelle und konzeptionell angelegte Medienpädagogik in der Schule beinhalten!

Die Nutzung von Social Media oder KI gehört längst zum Alltag der Kinder und Jugendlichen – unabhängig davon, ab welcher Jahrgangsstufe sie in der Schule nun ein Tablet verwenden dürfen!

Daher ist es doch umso dringender geboten, die Lebensrealitäten der Schülerinnen und Schüler anzuerkennen und alles dafür zu tun, dass sie genau die Kompetenzen in der Schule erlernen und einüben können, die ihnen helfen, mit Medien richtig umzugehen!

Dieser adäquate Umgang könnte all dem entgegenwirken, was die Kinder und Jugendlichen oftmals ungefiltert und ohne Rüstzeug im Netz erleben müssen und sogar einer Radikalisierung vorbeugen!

Die Kolleginnen und Kollegen haben sich an den Schulen nach der Entscheidung des Kabinetts im vergangenen Frühjahr alle auf den Weg gemacht:

Medienkompetenzteams arbeiten entweder gerade an schlüssigen und passgenauen Konzepten oder haben diese bereits seit längerem umgesetzt. Dass diese umfangreichen Vorarbeiten nun umsonst gewesen sein sollen, führt vor Ort zu völligem Unverständnis und Frustration.

So sieht für uns als BLLV keine nachhaltige und stabile Bildungspolitik aus, die auf der ansonsten überall propagierten Eigenverantwortung der Schulen vor Ort fußt!

Vielmehr wäre nun geboten, auf die Expertise der Kollegien vor Ort zu vertrauen und ihre bereits beschlossenen Konzepte umsetzen zu lassen.

Die Schulen benötigen eigene Entscheidungsspielräume, Zeit und Unterstützungssysteme für eine nachhaltige Schulentwicklung.
Weder die bisherige Vorgabe der eiligen Umsetzung noch die jetzige Beschränkung für Tablet-Klassen nimmt dies auf.

Stattdessen müssen die Schulen im Einklang mit kriteriengeleiteter Schulentwicklung vor Ort selbst entscheiden dürfen, ob sie nun ab der 5. oder erst ab der 8. Jahrgangsstufe eine 1:1-Ausstattung aufbauen wollen.

Die Bayerische Staatsregierung ist doch eigentlich ein Garant für Stabilität und Verlässlichkeit:

Während im Koalitionsvertrag von CSU und FW das Thema Digitalisierung noch mit einer großen Priorität versehen wurde und die Umsetzung an den Schulen gar nicht schnell genug gehen konnte, rudern Sie nun nach kurzer Zeit wieder zurück?

Und gehen damit das Risiko ein, dass die Kinder und Jugendlichen zwar in vielen Kindertagesstätten und den Grundschulen mit digitalen Medien gebildet werden, aber dann erst wieder ab der 8. Klasse in den weiterführenden Schulen?

Der beste Kinder- und Jugendschutz wäre eine konzeptionell angelegte Medienpädagogik, die sich wie ein roter Faden durch die Bildungslaufbahn von der Kita bis zur Hochschule zieht!

Wir als Pädagoginnen und Pädagogen können professionell mit allen Herausforderungen der Digitalisierung und allem anderen umgehen, wenn wir die Rückendeckung der politisch Verantwortlichen haben – und die entsprechenden Ressourcen!

Wir hoffen sehr, dass grundsätzliche Einsparungen und Ihre angekündigte Haushaltskonsolidierung nicht der ausschlaggebende Grund für diese Entscheidung waren!

Ganz im Gegenteil sind jetzt alle zur Verfügung stehenden Mittel notwendig, um die Bildung in allen Bereichen für die Zukunft optimal aufzustellen:

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, Ihre Einlassungen zur Bedeutung des High-Tech- und Raumfahrt-Standortes Bayern müssen sich auch in der Bildungspolitik widerspiegeln!

Bayern braucht eine pädagogisch sinnvolle Digitalisierung und keine Bildungspolitik, die sich an kurzfristigen Trends ausrichtet!

Für Fragen und weiterführende Gespräche stehen wir jederzeit zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Simone Fleischmann