Bilder sagen mehr als Worte
Kennen Sie die Zeichnung von Jörg Mühle, auf der zwei Kinder mit unterschiedlichen Hautfarben konzentriert zeichnen? Ein Kind fragt das andere: „Kann ich mal die Hautfarbe?“ Die Szene löst ein „Aha“-Erlebnis beim Betrachter aus – Erklärungen braucht es nicht mehr. Ähnlich bieten auch Bilderbücher mit ihren Illustrationen eine Ebene des Verständnisses, die reine Texte nicht erreichen.
Bilderbücher laden zum Gespräch ein
Bekannte Werke wie „Das kleine Wir“ (2016) oder „Die Schnetts und die Schmoos“ (2019) behandeln Themen wie Vielfalt, Toleranz und Gemeinschaft auf spielerische Weise und bieten damit perfekte Gesprächsanlässe für die Verfassungsviertelstunde. Auch „Zwei für mich, einer für dich“ (2018) stellt auf kreative Weise Gerechtigkeitsfragen, während „Wir essen keine Mitschüler“ (2020) das Thema Konflikte in der (Klassen-)Gemeinschaft überzogen, aber humorvoll darstellt.
„Hier kommt keiner durch“ (2017) wurde mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet und behandelt auf skurrile Weise das Thema Grenzen. Auf Anweisung eines Generals darf eine Buchseite nicht mehr betreten werden – was bei den Figuren für Unmut sorgt und verdeutlicht, wie absurd Macht ausgeübt werden kann. Mit leiseren Tönen hinterfragt „Die kleine Maus und die große Mauer“ (2018) auf der Interpretationsebene, ob Menschen Mauern, die sie bauen, eher in sich selbst tragen. Solche Geschichten regen Kinder zu Diskussionen und erstaunlichen Erkenntnissen an.
Bilderbücher entlarven Machtansprüche
Kinder kennen das Prinzip der „Bestimmer“ bereits aus ihrem Alltag – sei es aus dem Kindergarten, der Schule oder dem Freundeskreis. Manche Menschen möchten einfach immer nur alleine das Sagen haben. Lustig und doch mit tiefer Botschaft entlarven Bücher wie „Ich bin für mich“ (2005) oder „Wählt Wolf“ (2021) überzogene Herrschaftsansprüche und leere Wahlversprechen. Die Kinder erkennen schnell, was bei diesen Figuren nicht stimmt. Auch „Ludwig I. König der Schafe“ (2015) ist ein großartiges Beispiel, wie Machtstrukturen und Demokratie kindgerecht thematisiert werden können. Die Lehren, die diese Bücher vermitteln, erinnern an Fabeln vergangener Tage: Es sind „nur“ Tiere, über die erzählt wird, doch die Botschaften sind tief und universell.
Niederschwelliger Zugang zu komplexen Themen
Bilderbücher schaffen einen niedrigschwelligen Zugang zu komplexen Themen, der für alle Lernniveaus geeignet ist. Die Kombination aus Text und Bild ergreift Partei, aber „hebt nicht den Zeigefinger“, sondern lässt Kinder Werte wie Demokratie, Freiheit und Gerechtigkeit selbst erkennen und formulieren. Viele Bilderbücher erfreuen sich deshalb noch in höheren Jahrgängen wachsender Beliebtheit.
Bilderbücher sprechen die emotionale Ebene an
Bilderbücher ermöglichen es Kindern, Empathie zu entwickeln und sich in die Geschichten und Figuren hineinzuversetzen. Themen wie Mitgefühl, Verantwortung und Solidarität werden kindgerecht behandelt.
Kinder lieben Geschichten
Geschichten fesseln Kinder und sie lernen spielerisch. Die narrative Struktur unterhält und vermittelt gleichzeitig wichtige Inhalte – ein Lernen „nebenbei“, welches die Kinder begeistert und sie aktiv teilnehmen lässt.
Vielfalt der Themen und Perspektiven
Der Markt für Bilderbücher zu Themen wie Demokratie und Gesellschaft boomt. Es lohnt sich, gezielt nach Büchern zu suchen, die sich für den eigenen Unterricht eignen. Orientierung bieten renommierte Auszeichnungen wie der Deutsche Kinder- und Jugendliteraturpreis oder der Leipziger Lesekompass. Weitere Anregungen finden sich auf Plattformen wie #lesen.bayern, beim ALF Hannover, beim Michaelsbund oder auf Social Media bei Buchbloggern. Hingewiesen sei auch auf die Bundeszentrale für politische Bildung, welche Materialien für Schulen anbietet, z.B. „Bestimmer sein – Wie Elvis die Demokratie erfand“ (2021).
Viel Freude beim Einsatz von Bilderbüchern und bei der Vermittlung demokratischer Werte in der Verfassungsviertelstunde!
Von: Maria Lösch-Ringer
